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🏔 Heilige Berge Chinas – Begegnung mit Bodhisattvas und Chan-Patriarchen

 

China ist seit Jahrhunderten durchzogen von einer Landschaft, die ebenso physisch wie spirituell geformt ist. Zwischen Nebel, Kiefern und alten Klöstern liegen Berge, die zu lebendigen Symbolen des Erwachens wurden.
Einige sind den großen Bodhisattvas geweiht, andere wurden zu Rückzugsorten der ChanPatriarchen – jener Meditationsmeister, die den Geist des Buddha ohne Worte weitergaben.

Dieser Beitrag führt durch beide Welten: die vier heiligen Berge des Mahāyāna-Buddhismus und die Berge der Chan-Tradition, in denen das Herz des Zen geboren wurde.


🕊 Die Vier Heiligen Berge der Bodhisattvas

Jeder dieser Berge ist einem Bodhisattva geweiht, der eine bestimmte Qualität des Erwachens verkörpert. Sie sind Orte der Meditation, Inspiration und spirituellen Begegnung.


1. Wutai Shan 五台山 – Der Berg des Manjushri (Văn Thù Sư Lợi Bồ Tát)

  • Provinz: Shanxi

  • Bedeutung: Weisheit (Prajñā)

  • Höhe: ca. 3.058 m

Wutai Shan gilt als Wohnsitz von Manjushri, dem Bodhisattva der Weisheit. Die fünf Plateaus des Berges symbolisieren die fünf Richtungen und die Vollkommenheit der Erkenntnis.

Spirituelle Begegnungen & Meister:

  • Xu Yun (Emptiness Cloud, 1840–1959) – visionäre Begegnungen mit Manjushri, intensive Meditation.

  • Sheng Yen – lehrte, dass die Praktiken auf Wutai Shan besonders geeignet sind, um Leere und Weisheit zu erfassen.

  • Meister Fazhao (Tang-Zeit) – sah Manjushri in Lichtvisionen; diese Erfahrungen begründeten Pilgertraditionen.

  • Tang-Zeit Eremiten – lebten in Höhlen, um Manjushri zu meditieren; entwickelten meditative Methoden, die noch heute im Klosterleben angewendet werden.

  • Schüler der Huayan-Schule – sahen Wutai Shan als Manifestation des Weisheitsfeldes.

Meditation & Praxis: Wutai Shan steht für klares Bewusstsein, das Illusionen durchschneidet.


2. Emei Shan 峨眉山 – Der Berg des Samantabhadra (Phổ Hiền Bồ Tát)

  • Provinz: Sichuan

  • Bedeutung: Praxis, Gelübde und tätige Weisheit

  • Höhe: 3.099 m

Emei Shan symbolisiert die praktische Umsetzung der Weisheit. Zwischen Wasserfällen, Bambuswäldern und Tempeln erhebt sich die Statue von Samantabhadra.

Spirituelle Begegnungen & Meister:

  • Xu Yun – intensive Gelübde-Meditationen, inspiriert von Samantabhadra.

  • Sheng Yen – lehrte die Integration von Meditation und ethischem Handeln.

  • Huayan- und Chan-Mönche der Ming- und Qing-Dynastie – führten Rückzugspraktiken auf dem Gipfel durch.

  • Pilger aus Korea und Japan – dokumentierten hier Visionen von Samantabhadra.

Meditation & Praxis: Umsetzung von Einsicht in alltägliches Mitgefühl und Handeln.


3. Putuo Shan 普陀山 – Der Berg der Avalokiteśvara (Quán Thế Âm Bồ Tát)

  • Provinz: Zhejiang

  • Bedeutung: Mitgefühl und Errettung der Wesen

Putuo Shan ist der zentrale Ort der Verehrung von Guanyin (Avalokiteśvara).

Spirituelle Begegnungen & Meister:

  • Xu Yun – erneuerte Gelübde, vertiefte Mitgefühlspraktiken.

  • Sheng Yen – Zentrum für Mitgefühlsmeditation.

  • Yinyuan Longqi (1592–1673) – praktizierte auf Putuo Shan, bevor er die Ōbaku-Zen-Linie in Japan gründete.

  • Frühe Nonnen und Yoginīs – berichteten von Visionen Guanyins, die intensive Meditations-Impulse gaben.

Meditation & Praxis: Mitgefühl in Aktion als höchste Form spiritueller Verwirklichung.


4. Jiuhua Shan 九華山 – Der Berg des Kṣitigarbha (Địa Tạng Bồ Tát)

  • Provinz: Anhui

  • Bedeutung: Rettung der Verstorbenen, Gelübde zur Befreiung

Spirituelle Begegnungen & Meister:

  • Xu Yun – Gelübde- und Befreiungsrituale.

  • Sheng Yen – lehrte Jiuhua Shan als Ort der Verpflichtung gegenüber allen Wesen.

  • Kim Qiaojue – koreanischer Prinz, dessen mumifizierter Körper als Manifestation von Kṣitigarbha verehrt wird.

  • Mönche der Ming- und Qing-Dynastie – führten Höllen- und Befreiungsrituale durch.

Meditation & Praxis: Der Berg ist Ort der Stille und der inneren Verpflichtung.


🌲 Berge der Chan-Patriarchen – Orte der direkten Geistübertragung

Diese Berge sind Rückzugsorte der Meditation und direkten Erfahrung des Buddha-Geistes. Sie sind weniger Pilgerstätten, dafür Orte der inneren Begegnung und Linie der Übertragung.


1. Songshan 嵩山 – Shaolin & Bodhidharma

  • Bedeutung: Ausgangspunkt des Chan-Buddhismus

  • Meister & Begegnungen:

    • Bodhidharma meditierte neun Jahre in einer Höhle.

    • Huike schnitt sich den Arm, um die Übertragung des Geistes zu empfangen.

    • Später praktizierende Chan-Mönche erlebten hier Visionen der direkten Einsicht.


2. Sikong Shan 司空山 – 3. Patriarch Sengcan

  • Rückzug während politischer Verfolgung.

  • Gedicht Xinxin Ming als Manifest der inneren Freiheit.

  • Spätere Chan-Meister nutzten den Berg als Meditationsstätte.


3. Potou Shan 破頭山 – 4. Patriarch Daoxin

  • Gründung der ersten dauerhaften Chan-Klosterstruktur.

  • Geistübertragung durch Lehre „Erwachen in jedem Handeln“.

  • Mönche der Tang- und Song-Dynastie meditierten hier intensiv.


4. Dongshan (Ostberg) – 5. Patriarch Hongren

  • Begegnung zwischen Shenxiu und Huineng – Beginn der südlichen Chan-Linie.

  • Huineng erhielt die direkte Übertragung des Geistes.

  • Spätere Schüler etablierten Chan-Klosterlinien in Südchina.


5. Caoxi Shan 曹溪山 – 6. Patriarch Huineng

  • Nanhua-Tempel, Guangdong

  • Huineng lehrte die unmittelbare Erkenntnis, die Praxis des Zen ohne Umwege.

  • Xu Yun und Sheng Yen betrachteten den Tempel als spirituelles Herz der südlichen Chan-Linie.

  • Weitere Meister der Linie: Hongren-Schüler, Schüler von Huineng, spätere Chan-Meister der Qing-Dynastie.


🌄 Weitere Chan-Berge & Meister

BergSchuleMeisterBedeutung
青原山 (Qingyuan Shan)Qingyuan XingsiSchüler HuinengsRuhe und Einfachheit
南嶽衡山 (Nanyue Shan)HongzhouNanyue HuairangSpontaneität im Alltag
龍潭山 (Longtan Shan)HongzhouMazu DaoyiAlltag ist Praxis
仰山 (Yangshan)GuiyangYangshan HuijiSymbolischer Dialog
雲居山 (Yunju Shan)Später ChanHuiyuanMeditation & Vinaya vereint

🕯 Fazit – Meditation auf den Bergen

Ob Wutai Shan oder Caoxi Shan – die Berge Chinas sind Spiegel des Geistes, Orte, an denen Weisheit, Mitgefühl, Praxis und Befreiung erfahrbar werden.
Meditation auf diesen Bergen bedeutet nicht nur körperliche Anwesenheit, sondern das tiefe Einlassen auf die Lehren der Bodhisattvas und Patriarchen.

„Der wahre Berg liegt im Herzen – und jeder Schritt ist eine Meditation.“

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